©Achim Lerch 1998. Dieser Bericht ist auch im Tourenfahrer 8/98 (S. 96-102) erschienen.
Kritik, Anregungen: lerch@wirtschaft.uni-kassel.de
Anreise:
Die Anreise mit dem eigenen Motorrad ist sehr zeitaufwendig. Entweder
gelangt man auf dem Landweg über den Balkan nach Griechenland,
was aber nach dem Konflikt im ehemaligen Jugoslawien noch immer
recht unsicher ist, oder mit der Fähre von Italien (z.B.
von Ancona nach Patras, Fahrzeit ca. 20 Stunden). Vom griechischen
Festland nach Kreta gibt es mehrere Fährverbindungen, am
häufigsten von Piräus nach Heraklion oder nach Chania
(Fahrzeit 12 bzw. 11 Stunden). Außerdem gibt es eine direkte
Fährverbindung von Thessaloniki nach Sitia oder Agios Nikolaos
sowie vom Peleponnes (Gythion) nach Kastélli im Westen
Kretas. Es gibt ansonsten die Möglichkeit, Kreta mit einem
der zahlreiche Linien- oder Charterflüge zu erreichen und
auf der Insel ein Motorrad zu mieten. Im Winter gibt es allerdings
keine Direktflüge, man muß in Athen zwischenlanden.
Allgemeines:
Die größte griechische Insel Kreta ist ca. 260 km lang
und 60 km breit. Mit einer Fläche von 8300 Quadratkilometern
ist sie die fünftgrößte Insel des Mittelmeeres.
Kreta ist überwiegend gebirgig mit Höhen bis 2500 m.
Unzählige Schluchten und Hochebenen prägen die Insel
ebenso wie die ca. 3000 Höhlen. Im ägäischen Erdbebengebiet
gelegen ist Kreta bis heute ständig in Bewegung, in den letzten
Jahrtausenden hat sich dabei der Westteil gehoben, der Ostteil
dagegen deutlich gesenkt.
Geschichte:
Die erste Besiedlung Kretas erfolgte vermutlich 6000 v. Chr. von
der türkischen Küste aus, eine zweite große Einwanderungswelle
erfolgte etwa 2600 v. Chr. und läutete die sogenannte Vorpalastzeit
ein. Etwa 2000 v. Chr. entsteht die berühmte minoische Kultur
mit ihren Palästen in Knossós, Festos und Malia. 1700
v. Chr. zerstört eine Katastrophe (vermutlich ein Erdbeben)
diese Paläste und markiert damit den Beginn der sog. Jüngeren
Palastzeit. Die Mykener bringen den Zeuskult und eine neue Schrift
nach Kreta. Die sog. Nachpalastzeit beginnt, als 1450 v. Chr.
abermals eine Katastrophe (vermutlich eine durch den Vulkanausbruch
von Santorin ausgelöste Flutwelle) die minoischen Paläste
zerstört. 67 v. Chr. wird Kreta zur römischen Provinz,
nach der Teilung des römischen Imperiums dann 395 n. Chr.
byzantinisch. 1645 erobern die Türken nach langer Belagerung
die Insel. 1898 wird Kreta unter Mitwirkung der europäischen
Großmächte unabhängig, 1913 folgt der Anschluß
an Griechenland. 1941 wird Kreta von deutschen Fallschirmjägern
eingenommen, es folgt eine leidvolle Zeit, in der sich Partisanenüberfälle
und deutsche Vergeltungsmaßnahmen abwechseln. Nach dem Krieg
wird Kreta Nato-Flottenstützpunkt, wirtschaftlicher Aufschwung
kommt mit dem zunehmenden Tourismus seit den siebziger Jahren.
Klima und Reisezeit:
Der Sommer auf Kreta ist trocken und heiß, zum Motorradfahren
schon eher zu heiß. Außerdem sind um diese Jahreszeit
die meisten Sehenswürdigkeiten überfüllt. Empfehlenswerte
Reisezeit sind Frühjahr und Herbst, aber auch im Winter ist
eine Kretareise reizvoll. Man muß dann jedoch mit gelegentlichen
Niederschlägen rechnen, die in den Bergen als Schnee fallen.
Die Höchsttemperaturen betragen aber auch dann noch 15-20
Grad.
Unterkunft:
Kreta bietet zahlreiche Campingplätze, Hotels und Herbergen
aller Kategorien. Im Winter sind jedoch die Campingplätze
und die meisten Hotels geschlossen, nur in den besseren Häusern
ist mit einer funktionierenden Heizung zu rechnen.
Essen und Trinken:
Traditionell herrschen in der kretischen Küche Fisch, Tintenfisch,
Meeresfrüchte, Hammel- und Schweinefleisch vor, scheinbar
"typisch" griechische Gerichte wie Souvlaki, Moussaka,
Tsatsiki oder auch der griechische Salat beherrschen aber den
Touristen zuliebe häufig die Speisekarten. Prägend ist
auf jeden Fall das ausgezeichnete Olivenöl, das allen Speisen
den typischen Geschmack verleiht. Nationalgetränk ist statt
dem griechischen Oúzo auf Kreta der Raki, ein aus Trauben
gebrannter Schnaps ähnlich dem italienischen Grappa und deshalb
keineswegs zu verwechseln mit dem türkischen Anisschnaps
gleichen Namens. Noch vor dem Raki rangiert allerdings der "kafé
ellenikó", orientalischer Kaffee, für den sich
der Kreter viel Zeit nimmt: Er wird aus kleinen Mokkatäßchen
in kleinen Schlucken geschlürft - wer ihn in zwei Schlucken
herunterkippt, kann nur ein Tourist sein. Wein ist wie in Griechenland
geharzt, der Biertrinker findet selten griechisches Bier, dafür
häufig Lizenzprodukte großer internationaler Brauereien.
Motorradfahren:
Wie in ganz Griechenland muß auf Kreta mit extrem rutschigen
Asphalt gerechnet werden, so daß gemäßigtes Tempo
und moderate Schräglagen angesagt sind. Für Endurofahrer
gibt es eine Fülle reizvoller Schotterpisten jeden Schwierigkeitsgrades.
Die Benzinversorgung ist gut, auch mit bleifreiem Sprit. Motorradverleiher
findet man in allen größeren Städten, der Zustand
der Maschinen schwankt jedoch stark. Wir haben sehr gute Erfahrungen
mit dem Verleih "Motor Club. Tourism Trade & Nautical
Enterprises" in Heraklion gemacht (Adresse: 1,18 Agglon Square,
Heraklion, Tel.: 0030-81-222408, Fax: 0030-81-222862).
Literatur und Karten:
Reiseführer zu Kreta gibt es reichlich, wir hatten dabei:
Anders Reisen Kreta von Rainer Karbe und Ute Latermann,
mit vielen Hintergrundberichten und ausführlichen Informationen,
schwarz-weiß bebildert, sowie Colibri Kreta von Ulrich
Lipp, kompaktes Format (paßt auch in die Jackentasche),
gedrängte Informationen, Farbfotos, nach Regionen gegliedert.
Karte: Marco Polo Kreta, Ost und West (Mairs Geographischer Verlag), je 1:125.000.