Marokko-Tour Januar 1997

Dieser Bericht ist auch in den regionalen Motorradmagazinen MoKo, Kradblatt und Bremer Motorradanzeiger erschienen (Januar bzw. Februar 1998).

©Achim Lerch 1997.

Kritik, Anregungen: lerch@wirtschaft.uni-kassel.de


Wenn der Muezzin ruft...

Die Marrakech im Hafen von Sète Daß man das geordnete Europa verlassen hat, wird einem bereits beim Zoll im Hafen von Tanger überdeutlich bewußt: hier herrscht das blanke Chaos. Nicht etwa als halbwegs geordnete Schlange, sondern als wilde, schiebende und drängelnde Menschentraube quetschen sich die gerade Angekommenen um die Tür des schäbigen Zollschuppens. Namen werden aufgerufen, meist derjenigen, die ganz hinten stehen und sich nun nach vorne durchkämpfen müssen, um ihren Paß entgegenzunehmen. Ich übe mich in Geduld und wundere mich kaum noch, daß mein Paß - obwohl als einer der ersten abgegeben - nicht auftaucht. Mittlerweile ist die Traube aufgelöst, nur noch eine Handvoll Reisender steht vor der Baracke. Ich trete zögernd ein, frage nach meinem Paß, der sich dann auch findet - unter einem Haufen Papiere auf dem abgewetzten Schreibtisch. Endlich im Besitz aller nötigen Stempel und nach Durchsuchung der Koffer entläßt uns der Zoll ins pulsierende Tanger, und die Erinnerungen an meine erste Marokkoreise vor fünf Jahren werden wach. Damals, ich hatte gerade mein Diplom abgeschlossen, hatte ich acht Wochen Zeit, um ganz allein das ebenso vielseitige wie fremdartige Maghrebland zu erkunden. Diesmal sind es nur drei Wochen Urlaub, die mir zur Verfügung stehen, und begleitet werde ich von Arend, der ganz andere Voraussetzungen mitbringt: Drei Monate hat er Zeit, und Marokko ist für ihn nur der Auftakt einer längeren Westafrikareise, die ihn über Mauretanien, Mali und Burkina Faso bis Ghana bringen soll.

Blick auf Erg Chebbi

Tanger, auch schon mal als die "dunkelste und geheimnisvollste Stadt des Maghreb" bezeichnet und einst Anziehungspunkt für eine ganze Reihe von Schriftstellern, Aussteigern und Träumern: Wir kämpfen uns durch die engen Gassen der Altstadt, Kinderhände sind überall, grabschen nach den Motorrädern, dem Gepäck. Nachdem wir vollgetankt und Geld getauscht haben, lassen wir die Hafenmetropole hinter uns und folgen der durch Nieselregen glitschigen Straße ins Rif-Gebirge. Die tückische Mischung aus Staub, Dieselruß und Wasser läßt nur gemäßigtes Tempo zu, wird eine Kurve zu schnell angefahren, wird dies gleich mit rutschenden Rädern quittiert. Die letzten Kilometer dann noch bei Dunkelheit zurückgelegt, kommen wir etwas geschafft in der Königsstadt Fes an. Und Hoher Atlas auch der nächste Tag wird anstrengend: Der Regen wird immer stärker, in Ifrane, das mit seinen Giebeldächern so gar nicht marokkanisch wirkt, schüttet es wie aus Eimern und bei der anschließenden Auffahrt zum 2.185 Meter hohen Col du Zad wird es richtig kalt und der Schnee türmt sich links und rechts der Fahrbahn.

Erst als wir bei der Abfahrt nach Midelt den Mittleren Atlas hinter uns lassen, wird es etwas wärmer. Die vor uns am Horizont aufragenden schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas können uns einstweilen nicht schrecken, wissen wir doch, daß die Route uns durch die Gorges du Ziz führt. Gemeinsam mit dem Fluß durchschneidet die Straße die Ausläufer des Hohen Atlas in einer engen Schlucht, ohne in die kalten Regionen aufzusteigen. In Errachidia schließlich können wir die Thermoanzüge ausziehen. Endgültig, wie wir glauben - vorläufig, wie sich später zeigen wird. Wie vor fünf Jahren steuern wir für die Übernachtung die blauen Quellen von Meski an und schlagen das Zelt unter den Palmen auf.

Die starken Regenfälle im Mittleren Atlas haben auch in Arends Koffern Spuren hinterlassen, und erst nachdem der Inhalt getrocknet ist, geht es am nächsten Tag weiter durch das Tafilalet mit seinen Tausenden von Dattelpalmen entlang des Oued Ziz. In Erfoud füllen wir die Wasserreserven und schlagen die Piste zum Erg Chebbi ein, Marokkos einzigem Dünengebiet. Nachdem ein hübsches Plätzchen in den Dünen gefunden ist, nutzen wir das herrliche milde Licht der Abendsonne, um ein wenig ohne Gepäck in den nun rot schimmernden Dünen zu "surfen". Spätestens jetzt schlägt Arends Erg Chebbi Stunde: Mit der KTM läßt er mir und der leicht übergewichtigen BMW keine Chance, dem Spaß tut dies aber keinen Abbruch. Einige Stunden später treibt uns leider die Kälte in die Schlafsäcke - gerne hätten wir noch ein wenig die Nacht in den Dünen und den Blick in den Sternenhimmel genossen. Entschädigt werden wir aber am nächsten Morgen durch den Anblick unzähliger Flamingos im Dayet Siri, einem See westlich des Erg Chebbi.

In Rissani findet gerade der allsonntägliche Markt statt, und es herrscht geschäftiges Treiben. Uns wird wieder einmal bewußt, daß unsere Reisezeit in den neunten Monat des islamischen Kalenders fällt, den Monat Ramadan. In diesem Monat, in welchem nach der überlieferung der Koran herabgesandt wurde, sollen die Moslems nach dem Willen des Propheten Mohammed zwischen Sonnenauf- und -untergang fasten. Weder Essen noch Trinken, noch Rauchen oder andere weltliche Genüsse sind dem Gläubigen in dieser Zeit erlaubt. Erst wenn der Muezzin nach Sonnenuntergang das Startzeichen gibt, darf nach Herzenslust gepraßt werden. Dieses für die Moslems heilige Fastenritual hat leider manchmal ganz unheilige Folgen, z.B. eine signifikant steigende Mittlerer Atlas Unfallhäufigkeit. Hungrige und durstige LKW- und Busfahrer, die auch nicht zur gewohnten Zigarette greifen dürfen, verlieren massenhaft die Konzentration und landen - in günstigen Fällen - im Straßengraben oder walzen - in ungünstigen Fällen - andere Verkehrsteilnehmer platt. Da wird dann die Tatsache, daß nahezu das gesamte öffentliche Leben lahmliegt und der durstige Tourist kein offenes Straßencafé findet, zum geringeren Übel. Trotzdem hätten wir gern dem sonntäglichen Markttreiben in Rissani noch ein wenig bei einem Café au Lait oder einem Pfefferminztee zugeschaut. So fahren wir statt dessen weiter bei Sandsturm Richtung Tinerhir - mit imposanter Schräglage auf schnurgerader Strecke.

Dort angekommen bieten die Berge zwar Schutz vor dem Sand, der Wind ist aber dennoch stark und kalt. Wir entschließen uns deshalb, im "Camping-Auberge Atlas" ein einfaches Zimmer zu mieten statt das Zelt aufzubauen. Der freundliche Besitzer heizt sogleich den Wasserboiler für eine fällige warme Dusche an und setzt in der Küche das vorsorglich bestellte Tajine auf, das wir uns wenig später schmecken lassen. Hierbei handelt es sich um eine recht schmackhafte marokkanische Spezialität: Verschiedene Arten von Gemüse werden zusammen mit Kartoffeln und Fleisch in einem speziellen Tontopf gegart, traditionell auf dem Holzkohlefeuer. Tajine gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen, von süß bis scharf, mit Hühner- oder Rindfleisch, Lamm oder Kamel, an den Küsten manchmal auch Fisch.

Im Erg Chebbi Zu den fahrerischen und landschaftlichen Höhepunkten in Marokko zählen auf jeden Fall die Dades- und die Todraschlucht am Südrand des Hohen Atlas. Wir haben uns vorgenommen, die beiden Schluchten als Rundfahrt zu verbinden, was über einen 2.800 Meter hohen Paß möglich ist. Tiefhängende Wolken über den schneebedeckten Atlasgipfeln lassen uns zunächst zweifeln, ob unser Vorhaben gelingen kann. Doch als wir an zahlreichen Kasbahs vorbei immer tiefer in die Dadesschlucht fahren, reißt die Wolkendecke mehr und mehr auf und gibt größere Lücken blauen Himmels frei. Irgendwann weicht der Asphalt einer zunächst guten Piste, die uns immer höher in die Berge führt. Kurz vor Msemir begegnen uns zwei bayerische Motorradfahrer mit BMW GS und Suzuki DR 650: Sie sehen geschafft aus, die Motorräder sind von einer dicken Schlammschicht überzogen. Sie berichten, daß die Verbindung zur Todraschlucht nicht befahrbar sei, sie selbst seien nach mehreren schwierigen Flußdurchfahrten schließlich im Schlamm stecken geblieben und umgekehrt. Im Laufe des Gesprächs stellt sich jedoch heraus, daß die beiden ohne Streckenbeschreibung unterwegs waren und möglicherweise die falsche Piste erwischt haben. Wir beschließen, es zu versuchen, und biegen wenige Kilometer hinter Msemir an einem Brunnen von der Hauptpiste ab, so wie es in der Streckenbeschreibung beschrieben ist.

Eine kleine unscheinbare Nebenpiste führt nun durch ein Hochtal langsam aber stetig bergan, immer wieder ist das neben der Piste verlaufende trockene Flußbett mit grobem Schotter zu durchqueren. Schließlich ist die Paßhöhe erreicht, der Wind pfeift kalt hier oben. Auf der Abfahrt sind an einigen schattigen Stellen kleine Schneefelder zu durchfahren, was aber problemlos gelingt. Die Piste führt nun anspruchsvoll durch herrliche Hochgebirgslandschaft, vorbei an einzelnen Nomadenzelten. Was Ziz-Schlucht für ein Leben muß das sein, in dieser kargen Einsamkeit? Wir erreichen schließlich Tamtattouchte am nördlichen Ende der Todraschlucht, die sich dann als noch beeindruckender erweist als die Dadesschlucht. Unzählige Male führt die Piste durch den Wasser führenden Todra, oft ist die Schlucht so eng, daß Fluß und Piste nicht nebeneinander Platz haben, die Piste also im Wasser verläuft. Schließlich gelangen wir an die engste Stelle der Schlucht mit ihren senkrecht aufragenden Felswänden und begegnen dort den beiden Bayern, die umgekehrt und per Asphalt hierhergekommen waren. Unser begeisterter Bericht über die gerade gefahrene Piste verursacht verständlicherweise lange Gesichter.

Zwar hatten wir geglaubt, daß nach den Schluchten kaum noch Steigerungen möglich seien, doch erweist sich die Piste von Tinerhir über den 2.200 Meter hohen Tizi n´Tazazert als ebenbürtig. über groben Schotter geht es in bizarre schwarze Felslandschaft, und von der Paßhöhe hat man einen herrlichen Blick. Von Nekob, südlich des Passes gelegen, ist es dann nicht mehr weit ins Draatal, und wir folgen dem Fluß, der hier noch reichlich Wasser führt, dieses aber auf seinem weiteren Weg nach Südwesten mehr und mehr einbüßt und nur selten den Atlantik erreicht, bis Zagora. Hier haben wir einen für diese Reise wichtigen Fototermin: Das berühmte Schild, welches verkündet, daß es von hier noch 52 Tage bis Timbuktu sind. Gemeint ist die Reise mit dem Kamel, Zagora war früher Im Erg Chebbi wichtiger Ausgangspunkt für die Karawanen ins sagenumwobene islamische Zentrum inmitten der Wüste. Auch Arend will dieses Ziel erreichen, wenn auch möglichst schneller als in 52 Tagen, und so ist ein Foto von ihm und seiner KTM vor diesem Schild ein absolutes Muß! Unterkunft finden wir auf dem in einem Palmengarten mit Orangenbäumen schön gelegenen Campingplatz "Sindibad", wo das gemütliche Restaurant leckere Brochettes (Fleischspieße) für uns bereithält.

Wir schlagen am nächsten Tag die Piste von Zagora zu den Kupferminen von Bleida ein, die recht anstrengend über grobes und reifenmordendes Geröll führt. Abwechslung bei dieser Rüttelei bringt ein Marokkaner, der mit seinem Moped mit durchgebrannter Zylinderkopfdichtung am Pistenrand steht. Sein Reparaturversuch mit einem Stück Fahrradschlauch war fehlgeschlagen, und so fragt er Tafilalet uns um Rat. Leider haben auch wir kein Dichtungspapier, sondern nur Originaldichtungen unserer Motorräder dabei. Wir beschließen schließlich, es mit Dirko-Dichtmasse zu versuchen. Die Kompression ist bei dem kleinen Moped wohl nicht allzu groß, und ob die Dichtmasse der Hitze standhält, muß sich ausweisen. Auf die Frage, ob diese Reparatur denn bis Foum Zguid halten würde, kann ich dem armen Mann dann auch nur eine typisch marokkanische Antwort geben: Inshâ´allâh - wenn Gott will!

Ab Bleida geht es auf Asphalt in Richtung Taroudannt. Kurz vor der schönen Stadt, die komplett von einer mittelalterlichen Lehmmauer umgeben ist, wartet allerdings noch eine echte Enduro-Einlage auf uns. Das Oued Sous führt Hochwasser und die direkte Verbindung durch eine Furt ist gesperrt. Zwar könnten wir mit einem kleinen Umweg die nächste Brücke erreichen, doch als echte Enduristen bevorzugen wir die Furt. Einheimische stehen im Wasser und zeigen uns den Weg. Arend fährt als Erster, er hat die Strömung unterschätzt und stürzt beinah. Doch helfende Hände sind schnell bei ihm, mühsam wird schiebend das andere Ufer erreicht. Nun bin ich an der Reihe. Beide Zylinder der BMW sind unter Wasser, kaum daß ich in den Fluß gefahren bin, doch ist die Tiefe nur Teil des Problems. Das Motorrad schwimmt auf, hat keinerlei Traktion mehr. Und die starke Erg Chebbi Strömung treibt mich unweigerlich flußabwärts. Ich kann nichts machen, außer den Motor am Leben zu erhalten. Zwei Einheimische schieben gemeinsam mit Arend und verhindern ein Umfallen. Irgendwann ist dann endlich die stärkste Strömung überwunden, das Hinterrad greift wieder und mit einem Gasstoß erreiche ich das Ufer. Nachdem eine ansehnliche Menge Wasser aus dem Stiefel gekippt ist, fahren wir die letzten Kilometer bis Taroudannt und suchen uns ein Hotel. Am nächsten Morgen dann Ölkontrolle - alles in Ordnung, die Motorräder haben das Bad gut überstanden.

Kurz hinter Taroudannt biegen wir nach Süden auf eine Piste ab. Eigentlich wollten wir nur ein Stück durch die Sous-Ebene abkürzen und auf die Straße nach Tafraoute gelangen, doch irgendwann haben wir wohl an einer der vielen unbeschilderten Kreuzungen die falsche Abzweigung genommen und gelangen nun auf einer Piste durch den Antiatlas an unser Ziel. Die Piste, die an zahlreichen kleinen Berbersiedlungen vorbeiführt, ist zwar landschaftlich schön und auch fahrerisch Eingegraben anspruchsvoll, doch dabei nicht gerade materialschonend. Das paßt Arend verständlicherweise gar nicht, hat er doch noch einige Kilometer vor sich. Doch irgendwann ist Tafraoute erreicht, und gestärkt mit frischem Gebäck aus der Boulangerie genießen wir auf dem Campingplatz die letzten Sonnenstrahlen des Tages.

"Ein Teppich im Haus ist besser als Geld auf der Bank" - so laute eine alte Weisheit der Tuareg, versichert uns Omar im "Maison de Berberes" mit ernster Miene. Ich bin eher skeptisch, klingt ein solcher Sinnspruch aus dem Munde eines Teppichhändlers doch mehr nach modernem Marketing denn nach althergebrachter Wüstenphilosophie. Und daß der wackere Geschäftsmann zur Untermauerung seiner Glaubwürdigkeit immer wieder verkündet, daß "Vertrauen alles sei und ohne Vertrauen nichts entstünde", erinnert doch allzusehr an einen Slogan der Deutschen Bank, als daß Dünensurfen man es hier in einem afrikanischen Teppichladen allzu ernst nehmen könnte. Ich verzichte auf den Teppich, interessiere mich mehr für Silberschmuck und einen Tuaregdolch als Mitbringsel für die Daheimgebliebenen. Das Handeln und Feilschen beim Tee macht großen Spaß, und daß ich hinterher genau weiß, auch mit weniger als der Hälfte des ursprünglich verlangten Preises noch viel zu viel bezahlt zu haben, gehört wohl irgendwie dazu. Bleibt noch zu erwähnen, daß Arend nicht widerstehen konnte, und ich neben seinen Thermoklamotten auch einen Teppich mit zurück nehmen darf.

Obwohl aus der Documenta-Stadt stammend, bin ich was moderne Kunst anbelangt eher Banause, aber die "Peintures" des belgischen Malers Jean Vérame sind nicht ohne Reiz. Inmitten der Felslandschaft westlich von Tafraoute hat der Künstler einige Felsbrocken bunt angemalt - ein skurriler Anblick. Nach dieser kulturellen Einlage fahren wir weiter über eine Hochebene Richtung Tiznit. Der Wind pfeift empfindlich kalt hier oben und wir kramen irgendwann die dicken Handschuhe und die Thermosachen aus den Koffern. Doch nur einige Kilometer später windet sich die Straße ins Tal, und es wird mit jeder Kehre wärmer und kurz vor Tiznit können wir die Markt in Rissani Thermoklamotten wieder ausziehen. Schließlich erreichen wir über Guelmim das Fort Bou Jerif. Ich hatte das ehemalige Fort der Fremdenlegion, in dem ein französisches Ehepaar einen Luxuscampingplatz betreibt, als angemessenen Ort für den Abschied auserkoren. Für Arend wohl der letzte Luxus für eine ganze Weile, für mich ein weiteres Wiedersehen nach fünf Jahren und zum zweiten Mal Wendepunkt der Reise.

Wir nutzen den ersten Tag Fahrpause, um an der KTM den Kettensatz zu wechseln. Und Arend trifft hier drei Engländer auf Einzylinderenduros auf dem Weg in den Senegal, mit denen er gemeinsam einen Teil der Etappe durch Mauretanien bestreiten kann. Als die vier sich abends beim Bier über die bevorstehenden Abenteuer unterhalten, kann ich eine gewisse Melancholie nicht mehr unterdrücken. Im hohen Atlas Zumindest eine Karte aus Timbuktu muß Arend mir beim Abschied am nächsten Morgen felsenfest versprechen. Die Rückreise ist dann für mich eher unspektakulär - auf Hauptsraßen fahre ich über Marrakech, Casablanca und Rabat in zwei Tagen nach Tanger, wo ich die Fähre nach Sète besteige. An der Reling stehend beobachte ich die Shilouette der Stadt in der untergehenden Sonne, von den Minaretten der Moscheen vernehme ich zum letzten Mal den Ruf des Muezzin, der das Ende des Fastens für diesen Tag verkündet.


Marokko per Motorrad - praktische Tips

An- und Einreise

Die Anreise über Spanien erfolgt entweder mit der Fähre von Almeria oder von Algeciras (in der Nähe von Gibraltar). Kilometer kann man sparen, wenn man die Fähre von Sète (Südfrankreich) nach Tanger nimmt. Der Spaß ist aber nicht ganz billig (Fahrer u. Motorrad, Hin und zurück in Zweibettkabine mit Dusche/WC inkl. Vollpension knapp 1200,- DM, die überfahrt dauert etwa 36 Stunden). Zur Einreise benötigt man einen Reisepaß sowie eine grüne Versicherungskarte, die für Marokko gültig geschrieben sein muß. Nationaler Führerschein und Fahrzeugschein reichen aus. Empfehlenswert ist auf jeden Fall ein Fahrzeugschutzbrief.


Motorrad

Zwar läßt sich Marokko auch mit einem Straßen-Tourenmotorrad bereisen, doch da der Reiz gerade in den Schotterpisten im Atlas und den Wüstenpisten im Süden liegt, ist eine robuste Enduro die bessere Wahl. Die Benzinversorgung ist normalerweise gut, lediglich bleifrei gibt es nicht überall. Wer Off-Road-Etappen fahren will, sollte auf jeden Fall Flickzeug, Ersatzschläuche und Montierhebel dabei haben. Ausführliche Tips zur Ausrüstung und Motorradvorbereitung für Wüstenreisen finden sich in dem Buch von Thomas Troßmann, "Motorradreisen zwischen Urlaub und Expedition" aus der Reihe "Reise Know-How".

Oued SousNoch ein Tip für Inhaber eines ADAC-Schutzbriefes: 1992 mußte ich einen neuen Reifen aus Deutschland bestellen und mich vor Ort um alle Zollformalitäten selbst kümmern (ein ganzer Tag, mehrmals zwischen dem Flughafen von Agadir, wo der Reifen ankam, und dem Hauptzollamt im Hafen, wo man die Gebühren bezahlen muß, gependelt). Hinterher erfuhr ich, daß es in Agadir einen ADAC-Agenten gibt, der diese Formalitäten normalerweise erledigt, wovon die Zentrale in München aber scheinbar nichts wußte. Also im Falle eines Falles nachfragen!


Gesundheit

Wichtig ist Tetanus- und Polio-Impfung. In die Reiseapotheke gehören Kohletabletten und gegen stärkeren Durchfall Immodium o.ä.


Taroudannt

Unterkunft und Verpflegung

Von Campingplätzen über einfache Herbergen bis zu Luxushotels ist in Marokko alles zu finden, jeder kann also nach seinen Vorlieben planen. Die marokkanische Küche bietet neben Tajine vor allem Cous Cous, Brochettes (Fleischspieße) und Lammfleischgerichte. Etwas Vorsicht ist bei Salaten und ungeschältem Obst angebracht (Infektionsgefahr). Nationalgetränk ist der extrem süße Pfefferminztee.


Tizi n´Tazazert

Literatur und Karten

Als Karte empfiehlt sich die Michelin 969, Marokko, 1:1.000.000, mit Detailausschnitten 1:600.000. (Für eine erste Orientierung gibt es hier eine Online-Marokko-Karte (206k)). Der beste Reiseführer für Marokko und für Motorradfahrer fast unverzichtbar wegen der guten Routenbeschreibungen ist Erika Därr: "Marokko. Vom Rif zum Antiatlas" aus der Reihe "Reise Know-How". Für eine literarische Annäherung an Marokko eignen sich u.a. die Werke von Paul Bowles (z.B. "Himmel über der Wüste") und natürlich von Antoine de Saint-Exupéry (z.B. "Der kleine Prinz" oder "Stadt in der Wüste").

Achim Lerch




Weitere Marokko-Tourenberichte im Web

Tizi n´Tazazert





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