Betreff: Eine abendliche Endurowanderung... Datum: Thu, 19 Jul 2001 11:26:08 +0200 Von: Achim Lerch Foren: de.rec.motorrad Kennt Ihr das, dieses Gefühl, nach einem Tag im Büro unbedingt nochmal "raus" zu müssen? Absolut keinen Bock auf einen gemütlichen Abend im Fernsehsessel? So ging´s mir gestern Abend, und kurz vor acht, als ich genug mit Sohnemann herumgetobt hatte und es für ihn Zeit für´s Bett war, zog ich die Moppedklamotten über und machte mich los. Kurz zuvor war ein kräftiges Gewitter niedergegangen, jetzt schien die Abendsonne und zauberte in Verbindung mit den verbliebenen, sich auflösenden Gewitterwolken eine einmalige Lichtstimmung. Der Fotograf in mir überlegte kurz - aber dann wäre ich kaum zum fahren gekommen, also blieb die Kamera zu Hause. Zum Glück wohne ich am Stadtrand, so daß das Ortsschild erreicht war, bevor der Motor Betriebstemperatur erreicht hatte, und nur einen Kilometer später lockte der erste der wenigen Waldwege, an dem die ordnungsliebenden Behörden die Aufstellung eines Verbotsschildes wohl vergessen haben...ein paar davon gibt es noch, so daß man sie zu einer gemütlichen, mehr oder weniger legalen Runde durch Feld und Flur verbinden kann. Von Treckerspuren zerfurchte, nach dem Gewitter schlammige und damit durchaus nicht anspruchslose Feldraine wechseln sich mit schnellen Schotterpassagen ab. Eine dieser Strecken ist frisch geschottert, und in einer langgezogenen Kurve gelingt in Verbindung mit den frischen Reifen ausnahmsweise ein beinah schulbuchmäßiger Drift. Klar daß jetzt weit und breit niemand mit Fotoapparat oder Videokamera ist. Die Staubfahne gegen die untergehende Sonne, das wäre bestimmt ein schönes Bild geworden... ...genau wie der Anblick des golden leuchtenden Korns in das der Klatschmohn hier und da rote Tupfer setzt. Ein äsendes Reh fühlt sich gestört und verschwindet vor mir in der Dickung, ein Feldhase liefert sich ein kleines Rennen und ein roter Milan erhebt sich vom Pfahl des Weidezauns majestätisch in den Abendhimmel. Ich mache die Zündung aus, genieße die Szenerie und während ich dem leisen Ticken des abkühlenden Motors lausche geht mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf: Wollte man jemanden, der nichts vom Motorradfahren versteht, erklären, was Endurowandern bedeutet (ein Begriff, der oft auf Unverständnis stößt. manchen gar als Blasphemie erscheint): Man müßte ihn (oder sie) auf eine solche Tour mitnehmen... Nach knapp zwei Stunden, die Sonne ist gerade endgültig untergegangen, bin ich wieder vor der Garage. Eine kurze Tour nur, aber irgendwie besonders intensiv.